Hintergrundbild

Nora Bingel und Christian Kopp kümmern sich in der Großgemeinde um die Geflüchteten

Nora Bingel und Christian Kopp kümmern sich in der Großgemeinde um die Geflüchteten

Geflüchtete Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen und Schutz in Deutschland suchen, benötigen reichlich Unterstützung, um ihren neuen Lebensmittelpunkt zu finden. Meistens handelt es sich um geflüchtete Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten.

Am 17. Oktober begrüßten Bürgermeister Jochen Engel und Erster Beigeordneter Jan Bachmann sowie Fachbereichsleiter Stefan Kasseckert zwei Menschen, die sich um die Geflüchteten in der Großgemeinde Trebur kümmern.

Nora Bingel und Christian Kopp arbeiten hauptamtlich für das Diakonischen Werk Groß-Gerau/Rüsselsheim und sind mit 1,5 Stellen für Trebur und einer 0,5 Stelle für Nauheim zuständig. Die Stellen werden über den Kreiszuschuss zur kommunalen Sozialarbeit finanziert.

In der Kinder- und Jugendförderung ist eine weitere Kollegin mit einer halben Stelle mit der Aufgaben betraut, sich um die Integration geflüchteter Kinder und Jugendlicher zu kümmern. Darüber wird gesondert berichtet.

Neben der Unterbringung, Verpflegung, medizinische Versorgung oder auch Bekleidung benötigen die Geflüchteten Hilfe, um sich in ihrer neuen Umgebung und Kultur orientieren zu können. Dazu gehört eben auch die Vermittlung von Deutschkenntnissen, Bildung und Beratung. Nora Bingel und Christian Kopp helfen geflüchteten Menschen bei Fragen zu Aufenthalt und Asylverfahren, zu Leistungsansprüchen, Spracherwerb und zur sozialen und beruflichen Integration. Die Aufnahme in Vereinen, Schulen, Kitas, aber auch die Hilfestellung bei der Arbeitssuche gehören zu ihren Aufgaben.

Nora Bingel hat ihre ersten Erfahrungen mit Flüchtlingskindern in den Projekten der Kinder- und Jugendförderung Trebur gesammelt. Während ihres Lehramtsstudiums mit den Fächern Deutsch und Geschichte absolvierte die Sechsundzwanzigjährige Praktika, die ihr Einblicke in die Sozialarbeit gaben. Dann bewarb sie sich im Diakonischen Werk Groß-Gerau. Dass Nora Bingel ihre Berufung gefunden hat, ist spürbar. Heute weiß sie, dass sie nicht mehr in den Schulbetrieb möchte.

Christian Kopp hat auch zunächst Lehramt studiert, dann aber den Quereinstieg in das Studium der Sozialpädagogik gewählt. Nach dem Master hat er bei Pro Familia gearbeitet. Der Siebendreißigjährige ist seit 2015 in der Flüchtlingsbetreuung in der Hans-Böckler-Straße in Astheim und in der Großen Grabengasse in Trebur zuständig.

Seit 2018 liegt die Sozialbetreuung bei der Kommune. Die Unterkünfte werden vom Kreis Groß-Gerau betrieben. Hinzu ist die Unterkunft in der Theobaldstraße in Trebur gekommen.

Nora Bingel betreut alleinstehende Personen, während Christian Kopp sich um die Familien kümmert.

Auf die Frage des Bürgermeisters, wie viele Menschen nun hier seien, konnten beide keine genauen Angaben machen. Die tagesaktuellen Zahlen schwanken zurzeit, weil täglich neue Flüchtlinge ankommen. Registriert sind 317 Menschen, die aus unterschiedlichen Ländern nach Trebur gekommen sind. Neuerdings kommen auch viele türkische Geflüchtete bei uns an. Es handelt sich meistens um Oppositionelle mit hohem Bildungsniveau wie Lehrer, Ärzte und Dozenten, die aufgrund ihres Widerstandes um ihr eignes und das Leben ihrer Familien fürchten. Im Augenblick sind alle Unterkünfte in Trebur belegt.

„Wahrscheinlich sind es aber viel mehr, weil gerade Ukrainerinnen und Ukrainer oftmals privat untergebracht sind und die Meldungen bzw. die Registrierungen erst viel später erfolgen“, weiß Christian Kopp.

„Was sind die größten Herausforderungen für Euch?“, möchte Jochen Engel wissen.

„Dass es zwei Kategorien von Flüchtlingen gibt, weil die Voraussetzungen für diese Menschen unterschiedlich“, antwortet Nora Bingel spontan. „Die ukrainischen Geflüchteten werden besser behandelt als die anderen Geflüchteten, die zum Beispiel aus Syrien kommen.“

Die Ukrainerinnen und Ukrainer werden von der Bevölkerung anders wahrgenommen und erhalten mehr Zuwendung. Oftmals haben sie die Möglichkeit, in Privatunterkünften unterzukommen. Das sei aber auch das Problem.

„Sie umgehen damit das zentrale Verteilungssystem, das geschaffen wurde, um alle Geflüchteten zu registrieren und ihnen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen,“ berichtet Christian Kopp. „Die Gastgebenden stehen in der Verantwortung, die Menschen zu melden, damit sie in das zentrale Verteilungssystem aufgenommen werden und auch die nötigen finanziellen Zuwendungen zu bekommen.“

Nora Bingel und Christian Kopp berichten beide von vielen positiven Begegnungen mit geflüchteten Menschen. Dabei helfen ganz einfache Dinge, wie etwa die Frage nach dem Befinden. Es sei wichtig, den Menschen Mitgefühl entgegenzubringen, denn sie befinden sich in einer außerordentlichen Krise, die sie bewältigen müssten. Und auch Humor helfe den Menschen, die schwierige Wohnsituation zu ertragen. Beispielsweise seien in Astheim 65 Menschen auf engstem Raum untergebracht. Bis heute gibt es kein WLAN, so dass Online-Unterricht zur Weiterbildung nicht genutzt werden kann. Dabei ist Bildung für die Integration der Geflüchteten in die Gesellschaft absolut wichtig.

Nora Bingel und Christian Kopp bekommen nicht immer mit, ob die Integration funktioniert hat oder auch, wohin die Menschen gehen, wenn sie sich in ihrer neuen Umgebung eingelebt haben. Bedeutsam für die beiden sind die vielen berührenden Momente der Dankbarkeit und Wertschätzung, die eben auch einen großen Teil ihrer Arbeit ausmachen.